Digitale Eheschließungen per Videokonferenz, virtuelle Trauungen und internationale Online-Zeremonien waren lange rechtliches Neuland. Doch mit der aktuellen Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) und eines Berliner Verwaltungsgerichts (VG Berlin) ist klar: Auch in Deutschland werden bestimmte Online-Ehen anerkannt – mit teils weitreichenden Folgen für das Familienrecht und das Aufenthaltsrecht.
Was heißt das konkret? Wer kann davon profitieren? Und worauf müssen Paare, Anwälte und Behörden jetzt achten?
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Im Frühjahr 2025 befasste sich der Bundesgerichtshof (BGH) mit der rechtlichen Bewertung einer per Videokonferenz geschlossenen Ehe. Dabei handelte es sich um ein heterosexuelles Paar, das eine Online-Trauung mit einem ausländischen Standesbeamten vollzogen hatte – ohne dass sich beide Partner gleichzeitig physisch am selben Ort aufhielten.
Der BGH kam zu dem Schluss:
Solche Online-Ehen können als Inlandsehe gelten, wenn sie wesentliche Anforderungen des deutschen Rechts erfüllen.
Wenig später entschied das Verwaltungsgericht Berlin, dass selbst im Aufenthaltsrecht die virtuelle Eheschließung zwischen einer bulgarischen Staatsbürgerin und einem Drittstaatsangehörigen wirksame rechtliche Wirkung entfalten kann. Die Ehe wurde trotz der digitalen Abwicklung als gültig anerkannt – mit dem Ergebnis, dass der Ehemann ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht in Deutschland erhielt.
Die Entscheidung des BGH ist ein Meilenstein – denn bislang waren Online-Trauungen mit großer Skepsis begegnet worden. Das Bürgerliche Gesetzbuch (§ 1310 BGB) fordert eine Ehe vor einem Standesbeamten und bei gleichzeitiger Anwesenheit. Doch was bedeutet „Anwesenheit“ im digitalen Zeitalter?
Der BGH sagt nun:
„Eine gleichzeitige virtuelle Anwesenheit in einem geschlossenen Videokonferenzsystem kann dem Erfordernis der gleichzeitigen Erklärung genügen – sofern keine Zweifel an der Identität und Ernsthaftigkeit bestehen.“
Damit wird der Weg frei für neue Formen der Eheschließung, etwa:
•Online-Trauungen über staatlich registrierte Systeme im Ausland
•Digitale Ehen mit vorheriger Video-Identifikation
•Ehekonzepte für Paare, die in unterschiedlichen Ländern leben
Wichtig ist dabei: Die Eheschließung muss nach dem Recht desjenigen Staates, in dem sie stattfindet, wirksam sein. Die Anerkennung in Deutschland erfolgt dann im Rahmen des internationalen Privatrechts (Art. 13 EGBGB).
Die Anerkennung von Online-Ehen betrifft zahlreiche Aspekte des Familienrechts – insbesondere bei binationalen Ehen oder langjähriger Fernbeziehung.
Nach der neuen Rechtsprechung können bei wirksam geschlossener Ehe u. a. folgende Rechte und Pflichten entstehen:
•Unterhaltsansprüche zwischen Ehepartnern
•Pflichtteilsrechte im Todesfall
•Versorgungsausgleich bei Trennung oder Scheidung
•Ansprüche im Zugewinnausgleich
•Steuerliche Vorteile (z. B. Ehegattensplitting)
•Namensrechtliche Folgen bei gemeinsamer Namensführung
Die Entscheidung stärkt insbesondere die Position von Paaren, die aufgrund von politischen, wirtschaftlichen oder pandemiebedingten Hürden nicht physisch zusammenkommen konnten.
Besonders weitreichend ist die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin in Bezug auf das Asyl- und Aufenthaltsrecht. Hier war ein Drittstaatsangehöriger mit seiner bulgarischen Partnerin online getraut worden.
Obwohl das Paar nie gemeinsam in Deutschland gelebt hatte, entschied das Gericht:
„Die wirksame Eheschließung nach bulgarischem Recht kann die Grundlage für ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht in Deutschland bilden.“
Diese Entscheidung bedeutet:
•Ein Online geschlossener Ehebund kann familienrechtlichen Schutz nach Art. 6 GG (Schutz von Ehe und Familie) auslösen
•Daraus ergibt sich ein rechtlicher Anspruch auf Nachzug und Aufenthalt
•Die Einreise zur Familienzusammenführung muss ermöglicht werden – selbst bei digitaler Eheschließung
Für Paare mit Partnern aus Drittstaaten (z. B. außerhalb der EU) ist das ein enormer Fortschritt – insbesondere bei langwierigen Visaverfahren oder Reisehindernissen.
Diese Urteile sind mehr als nur Einzelfallentscheidungen – sie markieren einen gesellschaftlichen und juristischen Wandel. Die Digitalisierung verändert auch das Familienrecht grundlegend:
Vorteile:
•Mehr Flexibilität für internationale Paare
•Bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben
•Zugang zum Recht für Menschen mit eingeschränkter Mobilität oder Aufenthaltshindernissen
•Schnellere Eheschließungen bei Bürokratieengpässen
Herausforderungen:
•Klärung der Rechtsgültigkeit im Einzelfall
•Absicherung gegen Scheinehen oder Identitätsbetrug
•Kompatibilität mit deutschen Regelungen (z. B. § 1310 BGB)
•Notwendigkeit von klaren Verwaltungsrichtlinien und Ermessensspielräumen
Gerade bei Gerichten, Standesämtern und Ausländerbehörden wird es in Zukunft wichtig sein, auf die Rechtsklarheit und Nachweisbarkeit solcher Ehen zu achten.
Für Rechtsanwälte ergeben sich neue Aufgabenfelder.
Kanzleien sollten künftig:
•Mandanten frühzeitig aufklären, ob und wie Online-Ehen rechtswirksam sind
•Beglaubigte Nachweise über die Eheschließung einholen
•Gerichtsverfahren zur Anerkennung begleiten
•Aufenthaltsverfahren aktiv vorbereiten
•Erbschafts- und Unterhaltsansprüche bei Online-Ehen geltend machen
Wichtig ist: Nicht jede Online-Ehe wird automatisch anerkannt. Es bedarf einer sorgfältigen rechtlichen Prüfung im Einzelfall.
Die Anerkennung von digitalen Eheschließungen zeigt: Das Recht entwickelt sich weiter – hin zu mehr Lebensnähe, Flexibilität und Digitalisierung. Die Entscheidungen des BGH und des VG Berlin schaffen Rechtssicherheit und eröffnen neue Wege – vor allem für Paare, die auf klassische Formen der Trauung verzichten müssen oder wollen.
Doch mit neuen Freiheiten kommen auch neue Pflichten: Nur wer sich rechtzeitig informiert, professionell beraten lässt und alle formalen Anforderungen erfüllt, kann von den Vorteilen einer Online-Ehe in Deutschland wirklich profitieren.
Wenn Sie eine Online-Ehe geschlossen haben oder planen – oder wenn Sie unsicher sind, ob eine bestehende virtuelle Ehe in Deutschland anerkannt wird:
Lassen Sie sich von einem spezialisierten Rechtsanwalt für Familienrecht oder Aufenthaltsrecht beraten. Nur so lassen sich rechtliche Risiken minimieren – und alle Chancen ausschöpfen.